In Zeiten des Übergangs und der Instabilität können traumatische Erfahrungen aktiviert werden, insbesondere durch Situationen, die in der Geburtshilfe typisch sind. Gleichzeitig kann die Geburt selbst als traumatische Erfahrung erlebt werden – mit langfristigen, unter Umständen lebenslangen Folgen für Frauen und ihre Familien. Da traumabedingte Symptome und Reaktionen häufig nicht offensichtlich und ohne Vorkenntnisse nicht erkennbar sind, besteht die Gefahr, dass Frauen im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Elternwerden retraumatisiert oder nicht adäquat begleitet werden. Hier setzt das vorliegende Buch an, das sich an alle Berufsgruppen richtet, die als Begleitende mit werdenden Eltern und ihren Familien arbeiten. Der Autorin, die selbst als (Familien-)Hebamme, systemische Beraterin und traumazentrierte Fachberaterin tätig ist, gelingt hier eine hervorragende Kombination von theoretischem Wissen mit Fallbeispielen und praktischen Übungen für die ressourcenorientierte Interaktion zwischen Frau und Hebamme.
Im ersten Teil des Buches werden die theoretischen Grundlagen der unterschiedlichen Ursachen und Wirkungen eines Traumas auf körperlicher und psychischer Ebene erklärt. Darauf aufbauend geht es um die (transgenerationalen) Wirkungen eines Traumas auf Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Mutter-Kind-Bindung und das gesamte Familiensystem. Die Autorin zeigt, wie unterschiedliche Gewalterfahrungen auf die Geburt wirken können und wie hoch das Gefahrenpotenzial von Traumatisierung und Retraumatisierung durch Übergriffe, Kontrollverlust, Unerfahrenheit oder Schmerz während der Geburt ist.
Im Zentrum des zweiten Buchteils stehen die Handlungsmöglichkeiten der Begleitenden. Auf Basis der Grundprinzipien einer traumasensiblen Haltung werden die Elemente einer ressourcenorientierten Begleitung vorgestellt, die von der Idee des Empowerments und der Prävention getragen ist. Neben wichtigen Fachinformationen zeigen anschauliche Fallbeispiele, wie sich eine achtsame, empathische, wertschätzende und ressourcenorientierte Begleitung gestaltet. Übungen zur Imagination oder der Erstellung eines traumasensiblen Geburtsplans, die Durchführung einer traumasensiblen Anamnese oder vaginalen Untersuchung, Tipps für die Wochenbettgestaltung und Stärken der Mutter-Kind-Bindung oder zum Erstellen einer Netzwerkkarte der möglichen UnterstützerInnen der Frau dienen der Inspiration für die eigene Arbeit und spiegeln den hohen Praxiswert des Buches wider.
Um bei dieser anspruchsvollen Arbeit nicht »auszubrennen«, brauchen auch die Begleitenden Ressourcen. Dementsprechend widmet sich der dritte Teil des Buches der Selbstfürsorge des Fachpersonals mit wichtigen Hinweisen und wertvollen Tipps. Auch hierfür sind die Adressen von Initiativen, Netzwerken und Institutionen am Ende des Buches äußerst nützlich.
Martina Kruse ist ein notwendiges Buch gelungen – ein Grundlagenwerk für Ausbildung und Berufspraxis.
DHZ 3/2018
Verlag: | Hippokrates Verlag |
---|---|
Produktart: | Buch |
Bundtyp: | Gebunden |
Seiten: | 160 |
Auflage: | 1. Auflage 2017 |
Erscheinungsjahr: | 2017 |
ISBN: | 978-3-13-240975-0 |